Ehrlich gesagt, glaube ich, diese etwas unrhythmische Regelmäßigkeit wird wohl bleiben, denn immer wieder kommen Dinge dazwischen, die sich nicht aufschieben lassen und gemacht werden müssen. So hatte ich Geburtstag, der Garten macht sich auch nicht von selbst, die Kneipen sind wieder offen und das schöne Wetter ist in erster Linie kontraproduktiv, wenn es um die Erledigung von Aufgaben geht. Probleme wohin man schaut. Das soll auch mein Stichwort sein, also das Schauen.
Wir waren heute auf der Festung Königstein, jedenfalls bis zum Regen. Wie immer hat es da oben gezogen wie Hechtsuppe und ich habe mich für jeden gefreut, der sich heute für die kurze Hose entschieden hatte. Während diese Entscheidung einfach unglücklich war, frage ich mich immer öfter, wieso sich so viele Menschen bewusst für die Klamotten vom "Zeltlager David" entscheiden. Ich dachte früher, das Gute am Westen ist die Tatsache, dass es alles zu kaufen gibt und wir nicht, wie damals im Osten zu großen Teilen das Selbe anhaben müssen. Ich fand es immer total schade, wenn ich was Cooles anzuziehen hatte, was ich dann oft auf der Strasse sah, nur an anderen Trägern.
Später war das egal, denn Fleischerhemden, Parkas und Römer waren ja nicht Mode, sondern Status. Heute könnten sich praktisch alle ein eigenes Outfit zulegen und dennoch ähneln sich ganz Viele.
Bei mir war es so, dass ich viele Dinge tatsächlich gekauft habe, weil mir das Image gefiel, also die Jeans, die Zigaretten, die Shirts, die Schuhe. Dabei habe ich immer geschaut, dass das Image nicht mit meinen Ansichten kollidiert. Ganz schlimm fand und finde ich große Bilder oder Sprüche auf Shirts, was auch dazu führt, dass ich bei Konzerten Shirts der Bands erwerbe, um sie nicht zu tragen. Auch aus diesem Grund haben die "Zeltplatz David-Sachen" bei mir schlechte Karten. Die stehen für mich unweigerlich für den Pop-Titanen, auch wenn der Begriff eigentlich durch die US-Präsidenten bekannt wurde, die dort oft Gespräche in entspannter Atmosphäre mit anderen Staatsoberhäuptern führten und führen. Ich dachte übrigens bisher, man nennt den Dieter Pop-Tinitus, weil der das Gehör belastet, bis der Kopfschmerz kommt.
Ich weiß noch, sogar, als der im Osten lief, wo fast alles aus dem Westen super ankam, dachte ich: Was ist das und was soll das? Und dann noch seine Kollegin Thomas... Schwamm drüber - vorbei. Allerdings nicht sein Auftreten - einfach, leicht pröllig, farblich knallig und dezent wie ein Düsenflugzeug. Fairerweise muss ich sagen, der Dieter ist für seine fast Siebzig noch extrem gut in Form, attraktiv und knackebraun - da geht das optisch. Davon sind ganz viele der "Zeltplatz-David-Models" meilenweit entfernt, um nicht zu sagen, da passt nicht ein Attribut. Maximal "Zeltplatz", ist aber ein Substantiv.
Ich bin doch etwas abgeschwoffen, denn Geschmack ist im Auge des Betrachters, auch wenn ich immer öfter glaube, es liegt an meinen Augen. Etwas Anderes hat mich ins Grübeln gebracht.
Ein etwa Dreißigjähriger, braungebrannt, klassische rechtsgescheitelte Kurzhaarfrisur mit Genre-Sonnenbrille und ein paar Tattoos hatte eine täuschend original aussehende Trainingsjacke mit DDR-Staatswappen auf der Brust und großem DDR-Schriftzug auf dem Rücken an. Hat dieser Typ irgendeine Ahnung, was der da trägt? Wie hohl muss eine Birne sein, etwas mit Stolz zu präsentieren, was so scheiße war, dass ein Großteil des Volkes es nicht mehr wollte und davor weggerannt ist? Der Rest des Volkes hat dann gleich das Land entsorgt. Und heute kommt so ein Nostalgie-Baby, was sich nie um Lebensmittel, Wohnraum, Auto oder sonstigen Konsum kümmern musste, also darum, es überhaupt zu bekommen, und findet das Land mit dem Mangel scheinbar cool. Was geht vor ins so einer Birne? Was will er damit sagen? Ich pfeife auf Pressefreiheit, weil ich nie presse? Brauche keine Meinungsfreiheit, weil ich keine Meinung habe und keine Reisefreiheit, weil Deutschland das Größte ist? Dann lieber Zeltplatz-David! Das steht für Dieter Bohlen und der tut nicht weh. Okay, außer meinen Ohren...